open space zeitz 2023 – Machtmahl

Auf dem Marktplatz, vor dem Rathaus der Stadt Zeitz haben wir unter unserem Seminar-Thema „Insignien der Macht“ ein (zum Teil) inszeniertes Dinner für die Bürger*innen der Stadt konzipiert. Der Esstisch, Schauplatz einer Vielzahl von Zusammenkünften, trägt eine metaphorische Bedeutung, die über seine physische Funktion hinausgeht. Ob beim familiären Abendessen, einem festlichen Bankett oder einem geschäftlichen Treffen, der Esstisch wird zum Symbol für die Dynamiken, Beziehungen und Machtstrukturen, die in solchen Situationen zum Ausdruck kommen.

Spielregeln des Dinners
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer exquisiten, langen Tafel. Auf den ersten Blick sehen Sie ein prächtiges Gedeck mit Torten, Kerzenleuchtern, goldenem Besteck und Kristallkaraffen. Doch je weiter Ihr Blick über den Tisch wandert, desto mehr wird Ihnen bewusst, dass Opulenz und Überfluss mit jedem Meter der Tafel abnehmen. Am unteren Ende des Tisches sind nur noch Pappteller, einfache Würstchen, Graubrot und billigste Orangenlimonade zu finden.

Im Vorfeld wurden Mitspieler*innen (Studierende) bestimmte gesellschaftliche Rollen zugewiesen (Gönner*innen, Dealer*innen, Systemtreue, Rebellen, Dekadente, Kellner*innen, Platzanweiser*innen). Durch die verteilten Rollen haben wir den Gästen die Dissonanz zwischen dem vorderen, mittleren und hinteren Teil des Tisches näher gebracht. Ohne dass sie es zunächst merkten, sind sie zu Teilnehmer*innen einer Inszenierung (des Machtspiels) geworden.

In unseren Einladungen haben wir die Gäste darauf hingewiesen, dass es sehr von Vorteil wäre, zum Essen einen Hut zu tragen. Der Hut diente in unserem Spiel als Metapher für verschiedene Machtpositionen (Wer hat den Hut auf?). Gäste, die mit einer einfachen Mütze oder ganz ohne Kopfbedeckung kamen, wurden dem hinteren Teil des Tisches zugewiesen. Gäste mit extravaganteren Hüten wurden beim Eintreten in den oberen, opulenten Teil der Tafel gesetzt. Dank der von uns zugewiesenen Rollen war es den Gästen jedoch möglich, ihre Position am Tisch zu verändern. Durch Austausch, Verhandlungen und Anpassung an das Hutsystem konnten sie in der Hierarchie der Tafel aufsteigen.

Das Experiment ließ sich über den Zeitraum von ca. ein bis zwei Stunden aufrecht erhalten. Die Inszenierung entwickelte sich zu einem Spiegelbild unserer sozialen Strukturen. Verharrten manche Personen systemimmanent an den ihnen zugewiesenen unteren Plätzen an der Tafel, so trauten sich andere aus dem mittleren Segment auch an die oberen opulenten Tafelplätze heran. Die Inszenierung erweckte bei allen Teilnehmer*innen entsprechend ihrer Rolle authentische Emotionen. Die Erkenntnis der Möglichkeit der Selbstermächtigung ist durch die Inszenierung für alle Beteiligten deutlich geworden.

Mitwirkende Studierende
Antonia Alfs, Darleen Arens, Anna Daschkewitz, Leon Gensler, Nele Hero, Leonie Kohlenbach, Florian Neuhaus, Magda Rainauli, Noëlle Thyrann, Nico Viereck, Thilo Hellen, Marie Nieddu und Jule Orlik

Die Essenseinladung wurde öffentlich ausgesprochen (Social Media, Zeitz-Online, Flyer und Poster für alle Zeitzer Einwohner). Insgesamt kamen ca. 45-55 Leute zum Machtmahl, die wir nicht alle persönlich kannten.

Aus dem Seminar: Insignien der Macht, 2023

  • Leon Gensler ORD / 8. Semester
  • Nele Hero ORD / 4. Semester
  • Marie Nieddu KD / 4. Semester
  • Pascal Ulrich ORD / 4. Semester
  • Julia Orlik KD / 4. Semester